Einhand über den Atlantik

Einhand und ohne langjährige Segelerfahrung ist der Österreicher Martin Frenzel mit seiner Shark 24 über den Atlantik gesegelt. Start war im September 2018 in Genua und im Februar 2019 kam Martin in der Karibik an. Die dazwischenliegenden Inseln hat er dabei auf seiner Reise ausgiebig erkundet.
Unser Webmaster, Martin Scholz, traf ihn zu einem Gespräch über seine Reise.

Am 1.2.2019 erhielt die Österreichische Shark 24 Klassenvereinigung eine Email aus der Karibik. Gary, ein Kanadier, der gerade einige Zeit in Road Town auf den British Virgin Islands verbrachte, hatte beobachtet, wie eine Shark 24 in der Bucht an einer Boje festmachte. Kurz darauf sprang ein Mann ins Wasser um an Land zu schwimmen. Gary begegnete dem Mann am Ufer und es stellte sich heraus, dass es ein Österreicher war, der gerade einhand über den Atlantik gesegelt war.

Gary war derart beeindruckt, dass er uns das unbedingt mitteilen musste, allerdings hatte er weder Namen, Bootsnamen oder sonstige Daten des Seglers und auf den drei Bildern, die er in der Email gesandt hatte, war nicht viel zu erkennen.

Fünf Monate später sitze ich mit Martin Frenzel in dessen Garten in einer beschaulichen Siedlung in einem kleinen Ort nördlich von Wiener Neustadt.

Im Garten steht seine Shark 24, „SURU“, Baujahr 1975 unter einem Flugdach und erholt sich von den Abenteuern der vergangenen Monate.

Wir trinken Radler und essen köstlichen Kirschkuchen, selbstgebacken von Martins Mutter, und Martin erzählt mir von seiner ereignisreichen Reise mit der Shark 24 über den Atlantik.


„Ich habe den Spinnaker bewundert!“

Martin Scholz: Andy Pamperl, unser Klassensekretär, hat am 1.2. 2019 eine Email von einem Kanadier namens Gary erhalten, der in Road Town, auf den British Islands, beobachtet hatte, wie eine Shark 24 an der Mooring anlegte, ein Mann ins Wasser sprang und an Land schwam.

Martin Frenzel: Ja, ich hatte ja kein Beiboot mitgehabt, also musste ich an Land schwimmen.

Er hat dich dann getroffen und mit dir geredet. 

Ja, da weiß ich schon, wer das war.


From: Gary
Sent: Friday, February 1, 2019 12:32 AM
To: a.pamperl
Subject: Fwd: Interesting sailing story From the BVI’s regarding. Shark

Hello Andreas

I found your name on the Shark class association website as an Austrian contact. Yesterday I had the most amazing experience here in Road Town, British Virgin Islands, that I feel compelled to share. One of your Austrian countrymen came ashore  after successfully crossing the Atlantic in a Shark!  The young man was modest about his achievement but being a sailor myself (from Canada) I instantly recognize the enormity of the challenge and was completely in awe of the feat.

Unfortunately, in my excitement, I did not get the young mans or boat name. I reached out to Michael Lee in Ottawa as he sails a Shark out of a club I was once a member but thought your group would also be interested in such an incredible story. Below are a couple pictures that highlight the scale of his vessel. As of this evening the Shark remains moored in Road Harbour.

Best regards

Gary

Ps.I am a Canadian currently visiting BVI for several months.

Schau, er hat uns auch Fotos mitgeschickt.

Wahnsinn.

Ja, er war so fasziniert davon, dass da gerade ein Segler aus Österreich einhand mit der Shark über den Atlantik gesegelt war, dass er uns das unbedingt mitteilen musste. Er meinte ja auch damals zu dir, du solltest ein Buch über dein Abenteuer schreiben, aber du hattest ihm geantwortet, dass das deiner Meinung nach niemanden interessieren würde.
Also mich interessiert das natürlich sehr, das ist eine großartige Leistung. Gratuliere!

Danke, es freut mich, dass dich das interessiert.

Seit wann segelst du?

Naja, segeln…. Ich bin einige Male in Kroatien mitgesegelt. Segeln hat mich schon immer interessiert, aber eigentlich habe ich mehr darüber gelesen. Früher war ich gerne windsurfen. Vor einigen Jahren machte ich dann einen Segelkurs beim Heeressportverein YCTM in Wiener Neustadt, kaufte ein Segelboot und dann begann ich zu segeln.

Wo? Am Neusiedlersee?

Nein, kurz vor meiner Reise machte ich einen Reisetörn in Kroatien und dann folgte schon meine Reise über den Atlantik.

Das heißt, du hast den Segelkurs gemacht und dann den FB2 und dann den FB3?

Den FB3 hätte ich gar nicht machen können, weil ich nicht die erforderlichen Seemeilen hatte. Ich habe meine Seemeilen zusammengeschummelt, damit ich den FB2 machen kann.

Und dann hast du die Shark gekauft?

Ja. Ich hatte gehört, dass die Shark ein gutes Boot sei; kurz darauf hatte ich meine von einer sehr netten Familie aus Deutschland gekauft.


Dein Gedanke war es, ein eigenes Boot zu haben, um damit irgendwann eine Reise zu machen?

Genau. Es war dann so, dass ich den Entschluss fasste, von Genua aus in die Karibik zu segeln. Ein paar Monate vor der Abreise begann ich dann, das Boot vorzubereiten.
Im Zuge der Vorbereitungen war ich auch in Tulln auf der Bootsmesse und da hatte ich auch den Shark-Messestand gesehen. Im Gespräch mit Andy Pamperl erfuhr ich, dass zwei Deutsche mit einer Shark über den Atlantik gesegelt waren und dass es davon ein Video gäbe. Dieses Video hatte ich mir kurze Zeit später angesehen und mir gedacht, „das sieht gut aus“.

Du hast dir gedacht. „… wenn die das schaffen, dann schaffe ich das auch!“.

Ich hätte mir schon gedacht, dass ich es schaffe aber es war interessant zu sehen, wie die das gemacht hatten.
CBS Sails hat mir ein neues Großsegel und ein neues Vorsegel genäht, mit denen ich während meiner Reise sehr zufrieden war. Überhaupt hat mich Christian Binder (Inhaber CBS Sails) bei allen segeltechnischen Anliegen mit sehr guten Lösungen unterstützt. Binder informierte mich auch über die Shark Meisterschaft am Traunsee, wo ich vorort auch einige weitere wichtige Informationen erhielt.
Die Vorbereitungen waren leider sehr unter Zeitdruck, aber es ging sich dann alles gut aus. Ich unternahm dann noch mit einem Freund einen dreitägigen Probetörn in Kroatien, der erfolgreich war.
Dann war schon der September da, mein geplanter Abreisetermin. Zum Schluß hat noch etwas mit der Elektrik nicht gepasst, was meine Abfahrt um ein paar Tage verzögerte, aber so war es halt.

Und auf die Shark bist du gekommen, weil dir jemand gesagt hatte, das sei ein gutes Boot?

Ja, jemand hatte mir empfohlen, dass ich mir die Shark ansehen solle. Im Internet sah ich dieses Boot erstmals und es war mir sofort sympathisch.

Kannst du sagen, warum?

Ich mag die alten, bewährten Dinge sehr. Die Shark hat mich sofort angesprochen: sie ist klein und robust, einfach zu segeln, trailerbar und für mich leistbar.

Und es war die ganze Zeit über für dich immer klar, dass du alleine segeln wirst?

Ja, das war völlig klar, aus mehreren Gründen. Der wichtigste war, dass ich auf keine grosse Segelerfahrung zurückgreifen konnte und deshalb niemanden ins „Ungewisse“ mitnehmen wollte.

Du wolltest nur für dich selbst verantwortlich sein?

Ja, und vor allem hatte ich bezüglich der Sicherheitsausrüstung nur das Notwendigste mitgenommen: ich hatte z.B. keine Rettungsinsel und auch kein Satellitentelefon an Bord.

 Du hast dir gedacht: „Jetzt lerne ich segeln und dann segle ich kurz nach Amerika hinüber.“?

(lacht) Ja, genau.
Wichtig war für mich allerdings auch mein Fahrrad. Das war das geeignete Mittel, um die Inseln auf meinem Weg zu erkunden. Das Fahrrad passte perfekt in den Bug der Shark.

Woher hattest du die Informationen, was man auf so einer Reise alles braucht oder auch nicht braucht?

Ich hatte Bücher von Joshua Slocum, Bernard Moitessier und Wilfried Erdmann gelesen. Für mich war danach alles klar.

Jetzt musst du nur noch selbst ein Buch über deine Reise schreiben.

Nein, ich glaube nicht, dass mein Reisebericht so interessant ist.


Wie hat denn deine Reise begonnen?

Ein guter Freund brachte mich und mein Boot nach Genua, dort wurde gekrant, Mast aufgestellt und das Boot beladen. Er fuhr dann mit meinem Auto und dem Anhänger wieder nachhause und ich segelte am nächsten Tag Richtung Mallorca. (faltet den Übersegler vom östlichen Mittelmeer auf)

Aber einen Plotter hattest du schon mit?

Ich hatte ein Handheld GPS-Gerät mit. Seekarten und Kompass waren aber für mich die grundlegendsten Mittel fürs Navigieren. Zumindest um 12:00 Uhr mittags trug ich meinen Standort jeden Tag anhand der GPS-Koordianten in der Karte ein.


Du hattest eine Windsteueranlage montiert, ist das richtig?

Ja, die Windsteueranlage war natürlich sehr wichtig und hat auch bestens funktioniert.

Welche Segel hattest du mit?

Das Grosssegel mit drei Reffreihen, das Vorsegel mit Binokreff und den Spinnaker. Das Genuasegel war zwar mit, benutzt habe ich es aber kaum. Bei stärkerem Wind oder Wellengang war das reffen oder wechseln des Vorsegels aber schon recht spannend. Die Fock runter, das Sturmsegel rauf, das ist schon Arbeit, bei der man ziemlich exponiert ist.

Kannst du verstehen, dass das alles auch kritisch gesehen wurde? Dass Segler kommen, die sicherheitsorientiert sind, die Sicherheitstrainings gemacht haben und sagen, das könne ja nicht sein, dass jemand einhand mit so geringen Mitteln ein derartiges Risiko eingeht?

 Ja, ich kann mir vorstellen, dass manche so denken. Die meisten Segler, die ich getroffen hatte, waren allerdings von der Einfachheit meiner Shark recht begeistert.

Wo hast du an Bord eigentlich geschlafen?

Meistens an Deck.

Und wie hast du gekocht? Wird es da nicht ein wenig eng auf der Shark?

Mit einem Gaskocher, wenn es der Seegang möglich machte. Ansonsten waren Trockenfrüchte, Nüsse, Brot und Fischkonserven da. Wenn man alleine segelt, ist auf der Shark genug Platz.

Eine Frage zur Bekleidung: hattest du Ölzeug mit?

Nein, ich hatte eine Goretex-Hose und –jacke mit, das war’s. Das war  – im Rückblick – dann doch manchmal etwas zu wenig.  


Hattest du einen Radarreflektor mit?

Ja, ich hatte einen Radarreflektor montiert, nicht übermässig groß und nur passiv.
Im Seegebiet vor Gibraltar ist der Schiffsverkehr sehr intensiv. Ich glaube allerdings, es ist nicht so einfach, ein kleines Boot wahrzunehmen, besonders bei hohem Wellengang. Es war dann auch so, daß ich es auf dem Weg zu den Kanaren mit wirklich widrigen Wetterbedingungen zu tun hatte.

Das heisst, du bist dann an der Pinne geklebt und hast dich festgehalten? Angehängt warst du aber schon?

Wenn es notwendig war, habe ich das Boot von Hand gesteuert, meistens war ich mit einer Leine gesichtert.

Hattest du Angst?

In schwierigen Situationen war ich viel zu beschäftigt um Angst zu haben. Aber ein ungutes Gefühl kam schon öfters auf, z.B. nachts im dichten Schiffsverkehr oder wenn sich das Wetter schnell verschlechterte.

Oder anders gefragt: ging irgendwann deine Zuversicht verloren?

Nein. 

Du hattest nie Zweifel, dass die Shark das nicht aushält?

Ich hoffte schon oft, dass das ja alles hält.

War das Boot undicht? Oft sind ja die alten Sharks an der Deck-Rumpf-Verbindung ein wenig undicht.

Ja, da war meine Shark schon ein wenig undicht. Aber das war soweit nicht so schlimm. Bei höheren Wellen hatte ich allerdings das Problem, dass das Wasser durch den geschlossenen Niedergang ins Bootsinnere gedrückt wurde. Und dann war es auch notwendig, Wasser auszuschöpfen.


Was hat eigentlich deine Familie zu deiner Reise gesagt?

Meine Eltern waren nicht besonders begeistert, ansonsten wusste kaum jemand von meinem Vorhaben.

Du bist ja durch ein schweres Unwetter gesegelt. Dann kommst du auf den Inseln an und machst ausgiebige Fahrradtouren. Bist du Extremsportler?

Nein, aber ich bewege mich gerne. Nach tagelangem Segeln waren Radfahren und Wandern eine angenehme Abwechslung. Die Etappe von Gibraltar zu den kanarischen Inseln war etwas turbulent. Die weitere Strecke bis zu den Kapverden kam  ich mit achterlichem Wind sehr gut voran. Der Spinnaker war dabei oft viele Tage und Nächte durchgehend im Einsatz. Mein Abfahrtstermin von den Kapverden war dann Mitte Dezember. Nach 21 Tagen kam ich dann in der Karibik auf der Insel Barbados an.


Wie waren die 21 Tage?

Anfangs war ich bei kräftigem Nordwind auf Halbwindkurs unterwegs. Nach ein paar Tagen hat sich allerdings der vorhergesagte Passatwind aus östlicher Richtung eingestellt. Das war dann sehr angenehmes Segeln. Nebenbei hatte ich auch Zeit für kleinere Reparaturarbeiten, zum Lesen und für längere Schlafphasen, da für mich während der gesamten Überquerung kein Schiffsverkehr zu sehen war.

Und der Spinnaker hat immer gehalten, bis zum Schluß?

Ja, ich habe den Spinnaker echt bewundert und mich bei ihm bedankt, dass er so gut gehalten hat.


Auf der kleinen Shark hat man eigentlich immer viel zu tun gehabt?

Vom Handling her ist so ein kleines Boot sehr gut und auch vom Ruderdruck war es sehr ausbalanciert. Wenn der Segeltrimm gepasst hat, hat auch die Selbststeueranlage gut funktioniert. Ich habe jetzt nicht so viel Erfahrung mit anderen Booten, ich kann jetzt nur über die Shark reden, aber die Shark segelt super, einfach sehr, sehr gut. Und auch gar nicht so langsam. Ich habe immer geschaut, dass ich mit einer guten Geschwindigkeit segle, wo noch alles halbwegs sicher ist. Das kann man sich eh ausrechnen. Es war jeden Tag so um die 110 Seemeilen in 24 Stunden, das finde ich eine gute Geschwindigkeit, für mich war das in Ordnung. Es geht sicher schneller, aber für mich hat es gepasst und ich habe mich immer sicher gefühlt. 

Und du warst da völlig alleine da draußen?

Ich hatte mir vielleicht gedacht, dass ich irgendwen sehe, aber ich habe niemanden gesehen. Ich war die drei Wochen wirklich alleine.

Hast du dich gefreut, als du in der Karibik angekommen bist?

Ja sicher! Und es war auch mein erster Besuch auf den Karibischen Inseln und somit besonders interessant. Nachdem ich auf Barbados angekommen war, habe ich meinen Weg Richtung Süden über die Inseln Bequia, Mayreau, Tebago Cays  fortgesetzt. Bei Union Island war mein Wendepunkt von wo aus ich nördlich entlang der Inselkette bis zu den US Virgin Islands (St. Thomas) gesegelt bin.
St. Thomas war das Ziel meiner Reise Das Boot habe ich für die Verladung auf einem Frachtschiff vorbereitet. Anschließend wurde es zurück nach Genua transportiert.

Wieviel hat das gekostet?

5000 US Dollar.

Es ist erstaunlich, dass das Boot alles überstand, es ist ja schließlich kein neues Boot.

Ja, die robuste Bauweise der Shark hat mich wirklich überzeugt.

Und die restliche Ausrüstung? Zum Beispiel der Anker?

Bis auf eine ausgebrochene Spinnakerschiene zwei gebrochene Blöcke und aufgescheuerte Leinen hatte ich keine nennenswerten Schäden. Der 10 kg Anker mit 15 Meter Kette war ausreichend.

Und der Motor war ausreichend?

Der Motor war nur für Hafen- und Ankermanöver in Verwendung. Er hat immer problemlos funktioniert.

Wieviel Benzin hattest Du mit?

30 Liter.

Vielen Dank für das Gespräch und große Anerkennung für deine großartige Leistung.